Unfallstatistik erstellen

von | 10.09.2020

Ein Thema, was mich regelmäßig viel Zeit gekostet hat. Warum?

  1. Weil die Datenerhebung anspruchsvoll ist, vor allem in einem Großunternehmen
  2. Weil mein Verständnis von „Unfallursache“ eine andere war, als sie in den meisten Unfallstatistiken dargestellt wurde.
  3. Weil es komplex ist: je größer das Unfallgeschehen, umso komplexer wird es.
  4. Weil ich die Statistiken zu selten gemacht habe und mir Prozesse und Strukturen fehlten.

Was macht eine gute Unfallstatistik aus?

  1. Sie sollte übersichtlich und verständlich sein
  2. Sie sollte vom „Allgemeinen Überblick“ bis hin zur speziellen Statistik verschiedene Aspekte beleuchten. Es gibt nicht EINE Unfallstatistik, in der Regel besteht die Unfallstatistik aus mehreren Darstellungen/Statistiken, vor allem wenn sich viele Unfälle ereignen.
  3. sie ist gut durchdacht und so ausgearbeitet, dass die Notwendigkeit von Maßnahmen klar ersichtlich ist.

Denn was ist das Ziel einer Unfallstatistik?

  • Sie soll einen Überblick zum Unfallgeschen geben,
  • sie soll Schwerpunkte darstellen (sofern es sie gibt) und
  • sie soll dazu dienen, sich über die Ereignisse im Unternehmen bewusst zu sein, und helfen Maßnahmen zu ermitteln, die das Unfallgeschehen verbessern.

Was hilft dabei, eine gute und aussagefähige Unfallstatistik zu erstellen?

1. Klarheit darüber: WAS soll dargestellt werden und FÜR WEN?

Es gibt so viele Informationen, die man aus Unfällen ableiten bzw. ablesen kann: Unfallzeitpunkte, Unfallort, Unfallhergang, Arbeitsmittel, die im Zusammenhang mit den Unfällen stehen, Unfallursachen, Art der Verletzungen, …

D.h. als SiFa bzw. Ersteller der Unfallstatistik sollte man sich als allererstes darüber im Klaren sein: was soll dargestellt werden?

Dafür hilft es sich zu überlegen: wer liest/bekommt diese Unfallstatistik? Sollen alle Mitarbeiter über die Anzahl der Unfälle informiert werden? Soll in einem Jahresbericht für die Geschäftsleitung Schwerpunkte besprochen und Maßnahmen eingeleitet werden? Kommt die BG oder die Gewerbeaufsicht ins Haus und will wissen, was bei Ihnen los ist? Für alle Personen sind unterschiedliche Auswertungen und Statistiken möglich…

Aber absolut immer sollten zunächst die allgemeinen Unfallzahlen präsentiert werden:

Allgemeine Unfallzahlen im Unternehmen

  • wie viele meldepflichte Arbeitsunfälle gab es, wie viele davon waren Wegeunfälle?
  • wie viele nicht-meldepflichtige Arbeitsunfälle hat es gegeben, wie viele davon waren Wegeunfälle?
  • wie viele Beinah-Unfälle gab es?

Alles im jeweiligen Berichtszeitraum (letztes Quartal, letztes Halbjahr, letztes Jahr).

Im nächsten Schritt geht man dann in die Statistik rein und schaut nach Auffälligkeiten.

Gab es Auffälligkeiten im Unfallgeschehen?

Vermehrte Anzahl an Unfällen

  • in bestimmten Abteilungen
  • mit bestimmten Arbeitsmitteln oder Maschinen
  • zu bestimmten Zeiten
  • Alter, Geschlecht, Herkunft

Wenn es hier Auffälligkeiten gab, lohnt es sich, genau für diesen Aspekt eine spezielle Unfallstatistik zu erstellen.

Beispiel:

Es gab auffällig viele Unfälle von Mitarbeitern, die nicht aus Deutschland stammen.

Dann stellen Sie einen prozentualen Vergleich der Unfälle deutscher Mitarbeiter vs. Unfälle von nicht-deutschen Mitarbeitern an. Sie können auch die tatsächlichen Zahlen liefern: wie viele Unfälle gab es auf beiden Seiten (meldepflicht und nicht-meldepflichtig).

2. Nach den Zahlen geht’s an’s Eingemachte: Unfallursache

Falls Sie es zuvor nicht bemerkt haben und Ihnen erst die Statistik aufzeigt, dass es Schwerpunkte gegeben hat, dann sollte im nächsten Schritt nach der Ursache dafür geforscht werden, um mögliche Maßnahmen abzuleiten.

Zurück zum Beispiel: waren fehlende Unterweisung, fehlendes Verständnis für die Unterweisung, andere kulturbedingte Verhaltensweisen ursächlich für den Unfall?

Falls Sie diese Auffälligkeit zuvor schon festgestellt haben und bereits in die Unfallforschung gegangen sind, umso besser: dann stellen Sie gern Ihre Ergebnisse und die notwendigen oder bereits getroffenen Maßnahmen dar!

⁉️Warum die Frage nach der Unfallursache aus meiner Sicht oft missverstanden wird ⁉️

Ganz oft lese ich: „Unfallursache war Messer“, „Maschine“, „Mitarbeiter“. Das sind für mich keine UnfallURSACHEN. Das sind Arbeitsmittel oder Aspekte, die im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen stehen oder durch die es zu einer Verletzung kam. Die Ursache ist damit jedoch keinesfalls ausgemacht.

Ein Messer kann keine Unfallursache sein. Ein Messer ist ein Arbeitsmittel. Wenn sich ein Mitarbeiter mit einem Messer verletzt, dann könnte die Unfallursache sein: falsche Anwendung, fehlende Unterweisung, fehlende Schutzausrüstung, falsches Messer (Rechtshänder-Messer für Linkshänder), mangelnde Instandhaltung (Austausch Klingen).

Und um DAS herauszufinden, muss man als SiFa vor Ort gehen, sich die Tätigkeit anschauen, den Vorgang erläutern lassen, sich mit den Mitarbeitern und Führungskräften unterhalten, beobachten und Schlussfolgerungen ziehen.

Die Unfallursache ist komplex. Hier lohnt es sich, wie bei vielen SiFa-Tätigkeiten, einen einheitlichen Prozess zu entwickeln.

Dafür habe ich Ihnen eine Vorlage erstellt, mit deren Hilfe Sie eine einheitliche Unfalluntersuchung durchführen können. Sie können die Vorlage hier herunterladen (Word-Dokument). Wenn Sie Fragen dazu haben, schreiben Sie mich gern an: kontakt@arbeitsschutz-assistenz.de!

In Großunternehmen rate ich zu einer einheitlichen Vorgehensweise bei der Erstellung der Statistiken. Dafür ist es notwendig, gleich vorzugehen, sprich: gleiche Vorlagen zu verwenden und sich ein gleiches Verständnis für die Auswertung der Unfälle zu erarbeiten. Gerade der letzte Punkt ist so wichtig, denn sonst sind die Statistiken am Ende nicht vergleichbar. Auch dann nicht, wenn Sie mit hochwertigen Arbeitsschutzprogrammen arbeiten, die alle Statistiken „per Knopfdruck liefern“.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei Ihrer nächsten Unfallstatistik! Und falls Sie hierbei Unterstützung haben wollen, melden Sie sich bei mir.

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